Donnerstag, 23. August 2012

I. Ein Dickkopf, einige konservative Organisationen und ein ziemlich chaotischer Zeitplan – mein Weg auf die Insel


Ein Auslandsjahr war schon lange mein Wunsch! Doch wohin? Wann? Und vor allem Wie?
Einige Punkte, die ich lange verdrängt habe. Einzig das Wohin stand sehr schnell fest: Irland – die grüne Insel mit wundervoller Natur und einer für mich sehr interessanten Kultur, inklusive dem durchaus bekannten ‚easy way of life’!
Mit der Zeit ergab es sich, dass ich nach meinem Bachelor im Juli 2012 für ungefähr ein Jahr ins Ausland gehen möchte. Ich bin nun ungefähr bei dem Zeitpunkt Sommer 2011 und habe mir dieses Ziel in den Kopf gesetzt. Daran lässt sich bei mir dann ja auch nichts mehr rütteln! Nur wie komme ich dahin? Einfach ein Jahr Reisen? Dafür ist Irland vielleicht ein wenig zu klein! Work and Travel, hmm, vielleicht ne gute Idee. Studieren, nee, mich reizt da doch eher das Familienleben in einem schönen Gebiet auf der Insel. So entschloss ich mich ein Au Pair machen zu wollen. Sicherlich ist das nicht üblich, als dann 24-jähriger Kerl ein Au-Pair zu machen, aber ich denke, es passt zu mir! So fing ich im November 2011 an zu suchen.
Organisationen, die auch Männer vermitteln oder einfach auf eigene Faust eine Familie suchen. Ein Account bei AuPair-World war schnell gemacht, das Profil mit großmütterlicher Hilfe relativ schnell gefüllt, nur die Suche nach Organisationen glich einem Hagelregen. Es hagelte Absagen. Obwohl meist für weiblich und männlich ausgeschrieben, kann ich die Aussage „Oh sie klingen männlich, das geht nicht, sorry!“ echt nicht mehr hören. Im März gab es dann eine Organisation vom Bistum Osnabrück, die anbot nach einer ausführlichen Bewerbung mit allerlei Referenzen meine Bewerbung weiterzuleiten und wahrscheinlich eine Familie zu finden. Klang doch gut! Also auf auf! Viele Stunden neben der Bachelorarbeit an der Bewerbung gesessen, um dann einen Tag nach der Abgabe der Bewerbung zu hören, dass die Partnerorganisation eigentlich nur ein Onlineformular haben möchte. Und ohne die vielen Referenzen es als Mann natürlich schwerer sei! Na toll! Ok, auch daran gesessen. Schließlich haben sie die lange Bewerbung noch an eine andere Partnerorganisation geschickt, aber nicht mal auf Nachfrage kam eine Rückmeldung von der Osnabrücker Organisation. Doch, der Bescheid, dass ich bei Erhalt einer Familie bitte das Geld zu überweisen hätte. Ich kann vorwegnehmen, dass ich dieses nie bezahlen werden würde/müsste.
Das angegebene Abreisedatum (mittlerweile von Anfang Juli verschoben) vom 19. Juli rückte langsam näher und ich musste mich, wenn auch halbherzig, langsam nach Alternativen umschauen. Nur was? Ein anderes Land kam nicht in Frage und für so manche Aktivität in Irland war ich mit mittlerweile Mitte Juni recht spät dran, aber dennoch ist einiges möglich. Es kam der Gedanke, einfach nach Irland zu reisen und ‚mal zu schauen’. Denn wenn ein Dickkopf wie ich sich etwas in den Kopf gesetzt hat, will er ja auch nirgends zusagen, denn es könnte ja noch ein Kontakt zu einer Familie zustande kommen. Ja und was dann??? So suchte ich weiter, schrieb bei AuPair-World alle in Frage kommenden  Familien an (man kann sie an wenigen Fingern abzählen), und hoffte auf positive Antwort. Manchmal wurde schon ein Au Pair gefunden – schließlich kamen auf 8 Familien (die meisten mit für mich weniger interessanten Kleinkindern) ungefähr 1000 Au Pairs –, manchmal hatten sie dann doch lieber ein weibliches Au Pair! Aber da Aufgeben ja noch nie meine Stärke war, ich denke da an den Beginn meines Mathestudiums, blieb ich am Suchen, fing an chaotisch mein Zimmer in Bananenkartons zu verstauen und mittels einer Sackkarre mit dem Zug auf den Dachboden der Oma in Krefeld zu bringen.
Endlich kam ein loser Kontakt zu einer Familie zustande, die völlig in der Pampa direkt am Ozean an der Südwest-Spitze von Irland lebt, beziehungsweise dort hinziehen wird. Nachdem einige Telefonversuche fehlschlugen, klingelte genau zu Beginn des EM-Finales das Handy und statt einer Nachfrage, ob irgendwo gemeinsam geschaut wird, kam die Antwort auf Englisch. Ich war noch nie so froh, dass Deutschland doch nicht im Finale war, denn irgendwo beim Rudelgucken hätte ich sicherlich nichts verstanden (akustisch natürlich!). Ein paar E-Mails und Telefonate später war klar; ich habe endlich eine Familie gefunden. Ich hatte zwar nichts schriftlich, aber man muss ja irgendwie positiv denken! Sonst ist es halt so, wie, wenn man keine Familie gefunden hätte!
Doch was nun mit meinem Zimmer? Da ich jegliche freie Zeit mit Seminaren, feiern oder rumreisen verbrachte, war es mittlerweile Mitte Juli und mein Zimmer war trotz vieler raus geräumter Bananenkartons voll! Voll von Zeugs, das niemals mit einer Autofuhre nach Hause gebracht werden könnte. Doch viel häufiger könnte ich das Auto nicht nutzen. Also weiter Bahn fahren, sich von dummen Schaffnern anmotzen lassen und Sackkarre für Sackkarre nach Hause bringen. Jetzt kam noch die Frage nach den Möbeln auf. Die mussten/durften schließlich bei meinem Bruder für ein Jahr deponiert werden, nach Hause gebracht, oder verkauft werden. Das alles musste in zwei Wochen vor Abflug organisiert werden. Natürlich hatte ich schon einen Flug gebucht, bevor ich eine Familie hatte. Ich habs mir ja in den Kopf gesetzt, das kommende Jahr in Irland zu verbringen. Am 31. Juli 2012 sollte es losgehen. Oh da kann ich ja am Wochenende vorher noch auf ein Festival nach Nütschau fahren, fiel mir dann glücklicherweise auf. Ok, natürlich nur, wenn alles fertig ist, aber wie ich mich kenne würde ich irgendwie auf jeden Fall dahinfahren. Natürlich fuhr ich! Zwischendurch sah es echt kritisch aus, alles organisiert zu bekommen, aber nach einem letzten Mal einen Tag lang mit dem Auto Möbel und Bananenkartons fahren, waren bis auf eine Sackkarrenfuhre, dem Schreibtisch und der Matratze alle Sachen dort, wo sie hin sollten. Den Schreibtisch für nen Kasten Gerstenkaltschalen zu verkaufen, war im Endeffekt kein Problem, die Sackkarre sollte auf dem Rückweg vom Festival mit nach Hause gebracht werden und die Matratze, ja was mit der? 1,4m-Matratzen kann man ja nicht so einfach an die Straße stellen? Irgendwie konnte ich sie noch unterbringen. Auch Nachmieter wurden in der letzten Woche vor Abflug abschließend gefunden. Trotz all dem angenehmen Stress mit dem ganzen Feiern müssen, konnte sogar die Wohnung noch sauber hinterlassen, ein tolles Festivalwochenende verbracht und alles zu Hause verstaut werden.
Jetzt nur noch schnell Wanderrucksack zumachen und los geht’s. Ja falsch gedacht. Die Kilos mussten runter! Insgesamt musste ich noch 4,5 Kilo loswerden. Und das an einem Nachmittag. Manche Frau hatte diesen Wunsch schon mal häufiger, aber ich könnte darauf gut verzichten. Denn es ging nicht (nur) um mich, sondern vor allem um mein Gepäck. „Tja, machse nix, dann ziehste halt einiges an, und packst schwere Sachen statt ins Handgepäck in die Jackentaschen“, konnte ich mir nur sagen! Gesagt getan, war ich schließlich wie ein Michelinmännchen am Gate, aber mein Jahr konnte nach dem Verabschieden von lieben Menschen endlich beginnen!

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