Montag, 24. September 2012

VII. Seven pints are not enough for the 'Cargo', you know like? – Woche 6 (3.9.-9.9.12)


Bantry füllt sich mit Leben. Okey, gelebt wurde vorher natürlich auch schon, aber nun kennt man immer mehr. Es vergeht kein Tag, an dem man nicht ein bekanntes Gesicht durch Zufall sieht, mit dem man gerade nicht verabredet war. Nette Gespräche und hier und da ein Zunicken machen das Leben lebenswert. Dazu kommen aber natürlich noch einige andere Dinge. Meine morgendliche Freizeit versuche ich so wenig wie möglich mit Autofahren zu verbringen. Von daher bin ich gerne auf das Angebot eingegangen vormittags zu einem anderen Au Pair in der Nähe der Schule zu gehen und dort mit den Kindern und den kleinen Katzen sowie Hunden zu spielen. Herrlich, kleine Kätzchen, genauso klein wie mein Willi war, als ich gerade zum Zivildienst ins Franzihaus gezogen bin. Da einer der Jungs um 14 Uhr und einer um 15 Uhr schulfrei hat, verbringe ich die eine Stunde helfend in der Playschool, in der der Jüngere die Stunde verbringt. Macht schon Spaß und ist ein guter Übergang vom freien Vormittag zum Nachmittag, an dem ich die Jungs mitnehme um etwas zu Unternehmen beziehungsweise zu Hausaufgaben zu überreden.
Ballyrisode Beach
Gelegentlich bin ich aber nicht der einzige der am Vormittag frei hat, sodass die Chance genutzt werden musste, zudem die Temperaturen sehr angenehm waren. Zu zweit haben wir versucht einen Weg zu einem schönen Strand zu finden. Da ich ja immer schon eher einer bin, der zehnmal nachfragt, bevor er zu weit geht oder fährt, war der Tankwart eine gern gesehene Auskunft. Um die Zeit besser zu nutzen, wollten wir nicht bis nach Goleen runterfahren, sondern suchten einen Strand auf dem Weg. Uns wurde geraten, mit einer verdammt ungenauen Wegbeschreibung nach ‚Ballyrisode Beach’ zu fahren. Dort wäre ein richtiger Strand, sogar mit Parkplatz und bei dem Wetter so viel los, dass es gut sei, so früh loszufahren. Gut, den Weg haben wir zwar nicht sofort gefunden, aber irgendwann kamen wir auch an. Parkplatz? Anwesend! Schöner Strand? Auf jeden Fall anwesend! Menschen? Fehlanzeige! So waren wir wirklich die einzigen dort. Das Wasser war wegen der Gezeiten nur Brusthoch, hat zudem durchaus die Sonne noch nicht so lange genießen können. Dennoch musste ja einmal ein Sprung von einem Felsen in den vollkommen klaren türkisblauen Ozean gemacht werden. Es war kalt! Es war ein schöner Vormittag, inklusive einem ‚Spaziergang’ in Richtung nächste Insel. Schwimmen konnten wir zwar auch, war aber nur an manchen Stellen zwingend nötig.
Donnerstagabend begann dann ein Publeben, wie ich es mir vorher auch vorgestellt habe. Zunächst gab es den letzten Abend eines Volunteers, der am Tag darauf zurück nach Deutschland ging und gleichzeitig auch der erste Abend des neuen Volunteers. So bereichert nun auch noch Rostock die Deutschland-Fraktion. Freitags begann dann nach einer Runde FIFA auf PS3 der nächste Pubabend, dieses Mal allerdings fast ausschließlich mit Iren. Iren in meinem Alter kann man hier kaum finden. Entweder sind es Schüler oder die arbeitende Gesellschaft ab ungefähr dreißig Jahren. In Bantry gibt es nun mal keine Universität, sodass die Zwanziger in Richtung Cork, Limerick oder Dublin abhauen. Aber es ist doch völlig egal wie alt man ist, wenn man sich auf einer Wellenlänge bewegt. So sind es nun jetzt vermehrt 31, 36 oder 38-jährige mit wenigen Ausnahmen im Endzwanziger-Bereich die im Pub und auch sonst anzutreffen sind. Aber wat solls!
'Bantry House' am 'Bantry Bay'
Die freien Wochenenden möchte man ja gerne nutzen um auch etwas zu sehen. Bis man Touren in andere Gebiete Irlands macht, gibt es erstmal hier genug zu sehen. Ich lebe nun mal an einem der schönsten Flecken Irlands, wenn nicht Europas. West-Cork halt! So war das 'Bantry House' ein Besuch wert. Die Art Museum im Inneren ist schön sich einmal anzuschauen, aber der Gartenbereich wird sicher nicht zum letzten Mal besucht worden sein. Richtig schön, mit Blick über den 'Bantry Bay'. Im Anschluss daran habe ich wieder einiges gelernt. Eine Stunde und zwanzig Minuten nach Hause wandern, ist ja kein Thema. Wenn man allerdings vorher einkaufen war, ist es völlig Banane! Wat ich mir dabei gedacht habe, weiß ich auch nicht! Am Abend ging es dann wieder in die andere Richtung und ab ins Pub! Nach einem BBQ ins ‚Ma Murphys’ und dann halt in andere Pups mit Livemusik weiterziehen. Wie schon beschrieben endet ein Pub Abend hier gegen 0:30 Uhr, wenn man noch sein letztes Bier trinkt auch mal gegen 1:20 Uhr. Und dann kommt etwas, was sich 'Cargo' nennt. Ein Club der ausschließlich Samstags von 0:30 bis 2:30 Uhr geöffnet hat und für jeden, der mal eine Zeit lang in Bantry verbracht hat eine Erfahrung wert sein muss. Das war es dann aber auch! Ich habe gelernt, dass sieben Pints (0,568l) nicht genug sind. Mal schauen ob es einen weiteren Versuch geben wird. Immerhin sind zehn Euro Eintritt für die zwei Stunden nicht wenig.
auf 'Whiddy Island'
Am Sonntag haben wir uns bei Regen am Pier getroffen um eine Wanderung auf 'Whiddy Island' zu machen. Eine Insel, die vor Bantry liegt und die ich schon in der zweiten Woche bei einem Gig meines Gastvaters kurz besucht habe. Nun wollten wir aber einen großen Teil der Insel bewandern und uns ansehen. Die Fähre für fünf Euro braucht nur fünf Minuten und bringt einen direkt zum Pub. Dort nach einer Stärkung losgelaufen, kam sogar die Sonne wieder raus und es wurde ein schöner Tag mit einer tollen Wanderung durch die Natur! You know like? Zur kurzen Anmerkung: Diese Redewendung hört man hier fast an jedem Satzende!
Am letzten Abend der Woche habe ich mir dann eine einfache Gitarre gegönnt. Vielleicht klappt es ja, in einem Jahr ein paar Akkorde spielen zu können. Ich hoffe, dass die Gitarre im Laufe der nächsten Woche ankommt!
Mit den Kindern klappt es jetzt zu Schulzeiten weitaus besser, es kommt mehr Routine in den Alltag und das Leben wird angenehmer. Manchmal mache ich mir aber Gedanken, welche Art von Familien, beziehungsweise welche Art von Familienleben mit einem Au Pair zu vereinen sind. Mal schauen welche Gedanken noch kommen werden.

Donnerstag, 6. September 2012

VI. Schnitzeljagd für Erwachsene – Woche 5 (27.8.-2.9.12)


Das Autofahren kann man in vier Etappen einteilen. Erste kurze Fahrt: Horror, zweite Kurze Fahrt: kompliziert, dritte kurze Fahrt: klappt besser, vierte kurze Fahrt: Kopf ausgeschaltet. Seitdem kann ich mir momentan eher nur schwierig vorstellen im Rechtsverkehr zu fahren. Ich kann gerade eine Anekdote oder vielleicht auch eher ein Hinweis, den mir meine Gastmutter ziemlich zu Beginn im August gegeben hat, nicht finden, ob ich ihn schon erwähnt habe. Man sagt ja gelegentlich, dass bei unseren westlichen Freunden mit den gelben Nummernschildern Führerscheine im Lotto zu gewinnen sind. Hier sind sie nicht mal nötig! Mit einem kleinen Aufkleber mit einem ‚L’ in roter Schrift auf weißem Grund, der das Rückfenster ziert, kann ohne Führerschein gefahren werden. Gemeint ist damit ein „Learner“. Das bedeutet aber nicht in einer Fahrschule, sondern einfach für sich selbst. Da hätte ich vor ein paar Jahren echt von geträumt (Halsabschneider!). Wenn man denn möchte, kann man sich irgendwann mal zu einer Prüfung anmelden, aber wenn nicht, ist auch nicht schlimm. Gibt halt nur ein bisschen Rabatt bei der Versicherung. Theoretisch kann man das ganze Leben ohne Führerschein mit einem schönen Deko-‚L’ herumgurken und den ein oder anderen gelernten Autofahrer zur Weißglut bringen. Es ist also nicht unbedingt klar, wenn vor dir einer in Schlangenlinien fährt, dass er eine Pubtour am helllichten Tag hinter sich hat; er kann auch einfach nur ein ‚Learner’ sein. Und so fahren sie auch zum großen Teil. Zur Anmerkung: Die Menschen, die ein gewisses Alter überschritten haben, haben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Führerschein (und möglicherweise auch kein ‚L’), da es den damals noch gar nicht gab! Soweit so, wie ich es verstanden habe. Dem Fahrvermögen nach zu urteilen durchaus möglich! Wie ich darauf komme? Kann es dann nicht auch für Festlandeuropäer ein Schild geben mit ‚gelernt im Rechtsverkehr’? Mehr als ein Hinweis für die hinterherfahrenden ist das ‚L’ ja auch nicht.
Jedenfalls ist das Fahren überhaupt kein Problem mehr. Ja okay, wenn das Auto denn fährt. Am ersten Tag, an dem ich die Jungs zur Schule gebracht habe, bin ich in dem anliegenden Gebiet noch ein
einfach Natur
wenig wandern gewesen (Hinter drei abgesperrten Gittern, erhob sich auf einmal ein Ausblick, der nicht zu erwarten war: Von einem Berganfang herunter über das ganze anliegende Dorf. Man geht halt einfach mal los!) und wollte dann noch in der restlichen freien Zeit zu einem Café fahren. Erste Mal probiert: Nichts; Zweite Mal probiert: ein knurriges Geräusch; Dritte Mal probiert: Nichts. Sprit im Tank müsste eigentlich noch für die eine oder andere Meile reichen, sodass dies nicht der Grund sein konnte. Es musste die Batterie sein. Hier sind die wohl nicht darauf eingestellt immer mit Licht zu fahren. Das muss ich mir am Tag dann wohl auch abgewöhnen. Also im Kofferraum alles nach einem Kabel absuchen, um dann an Häusern in der Umgebung (Ja es gibt das ein oder andere!) anzuklopfen, ob sie einem Starthilfe geben können. Dann noch den Versteckten Schalter für die Motorhaube finden, das Auto noch „schnell“ mit zwei Mann aus dem Parkplatz schieben um an das andere Auto anzudocken und los geht der Spaß. Das ganze am Berg natürlich. Es erinnerte mich ein wenig an den Spaß mit Stefans Partykarre in Dänemark. Der Unterschied ist nur, mein Auto fährt gut, wenn es denn fährt! Man lernt doch recht schnell das Auto kennen. So dacht ich mir, wenn dann richtig, und habe Freitag einfach mal versucht, wie weit die Spritnadel denn unter das ‚E’ rutschen kann. Ich würde sagen, der Tank war gut leer bevor ich tanken war/musste. Wenn ich den Tank dann besser einschätzen kann, kann aus dem gelernten Kilometerrechnen bis Luxemburg auf der Taizéfahrt ein Meilenrechnen in Irland werden. Spaß!
Nun, da doch eine Anzahl an Au Pairs die Stadt geflutet hat (momentan sind es immerhin fünf plus zwei Volunteers) muss am Wochenende auch endlich mal was unternommen werden. Freitag war das internationale Flair noch nicht wirklich da. Alle deutschstämmig, sogar die Nachbarn am Tisch waren deutsch (okay, nicht ganz: Sie kamen aus Bayern!), wurde man irgendwie verleitet auch deutsch zu reden. Samstag gesellte sich ein tschechisches Au-Pair in
Auf dem Weg zum Sheep's Head
die deutsche Runde (Krefeld, Hamburg, Bodensee, Nähe Hannover, Braunschweig und Mainz), sodass man endlich gezwungen war, auch unter Deutschen Englisch zu reden. Das wenige Schummeln wird mit der Zeit sicherlich auch noch seltener. Ansonsten wird es auch immer einfacher den irischen Akzent, mit Ausnahme den der älteren Generation, zu verstehen. Wie hoch Irland bei den Deutschen angesehen ist, merkt man an der enorm hohen Anzahl deutscher Touris in den Pubs. Am Abend spontan abgemacht, sind wir zu viert am Sonntag mit einem Auto zu dem nur fünfundvierzig Autominuten entfernten ‚Sheep’s Head’: Einfach wunderschön! Auf dem Weg dahin konnten wir immer mal wieder stehen bleiben, die Natur genießen, und dann wieder in die schmalen engen Wege auf dem ‚Sheep’s-Head-Way’ eintauchen. Fahren kann man bis zu einem Parkplatz in ungefähr zwei Kilometer Entfernung von der Landspitze. Diese sollte das Ziel sein. Die Spitze einer der Halbinseln an der Südwest-Küste von Irland. Das Schöne an dem ‚Sheep’s Head’ ist, dass er im Vergleich zu dem ‚Mizen Head’ (eine Halbinsel südlicher) und den anderen Halbinseln touristisch am wenigsten besucht wird. Dies bedeutet, dass es so wirkt als sei die Natur bis auf ein paar Oberleitungen, seltenen Anhaltspunkten für Wanderer und Notrufe, und ein kleiner Leuchtturm so gut wie unberührt. Dieser Leuchtturm, so konnten wir Schriftstücken entnehmen, sollte auch der letzte Punkt der Spitze sein. Doch wie findet man ihn. Von der Natur völlig beeindruckt sind wir zunächst einfach mal los gestiefelt, ohne völligen Plan zu haben, wo es denn lang geht. Naja, stiefeln ist vielleicht zu viel gesagt, denn noch hatte nicht jeder richtiges Schuhwerk parat. Somit waren wir irgendwann nur noch zu zweit und sind immer weiter. Wenn man dachte, „lass noch eben dort herunter zum Wasser“, kam hinter dem Felsen wieder das nächste große Stück Landschaft – vor dem Wasser! Als wir dann aber gehört haben, dass es auf dieser Seite noch über eine Stunde zu wandern gilt und es auf der anderen Seite „nur“ die angegebene Strecke von zwei Kilometern war, sind wir vorerst mit einigen Stopps wieder zurück zu den anderen Beiden und haben am Parkplatz ne Pause gemacht. Da das sonnige Wetter aber wie gemalt für eine solche Tour war, sind wir zu zweit dann doch noch Mal auf der anderen Seite los und die Schnitzeljagd für Erwachsene sollte beginnen. Ähnlich wie vorher, dachten wir jedes Mal „Oh da vorne ist das Wasser“, aber der Leuchtturm war nicht zu sehen. Mal hier, mal da ein kleiner Wegweiser schritten wir weiter durch die wunderschöne größtenteils steinige Natur. Irgendwann ging es immer weiter nach unten in Richtung Meeresspiegel und dann war es soweit: „Da ist das Ding!“. Frei nach Oliver Kahn kam dieser Ausruf vollkommen spontan. Die Aussicht war einfach phänomenal. Da hat es sich echt gelohnt noch die andere Wegseite auszutesten und bis zur Spitze zu wandern. Um die anderen dann nicht zu lange warten zu lassen, sind wir erstaunlich schnell, ohne wirkliche Orientierung und nur mit einem
wunderschöner Ausblick!
nicht optimalen Weg (Geographen verlaufen sich nicht, sie erkunden!) zurück zum Parkplatz. Es war wirklich ein richtig toller, sonniger Tag, den wir besser hätten nicht nutzen können.
Interessant war, dass die Iren doch so manche Gemeinsamkeit mit uns haben, wenn es um Beklopptheit beim Sport geht. Auf dem Wanderweg begegneten uns welche, die Lautstark Gaelic-Football im Radio verfolgt haben. Es erinnerte mich ein wenig an die optimale Zeitnutzung der schulischen Wallfahrten nach Kevelaer, die idealer Weise immer an einem Samstagnachmittag zwischen 15.30 und 17.15 Uhr angesetzt waren.
Wenn ich so auf die Woche zurückblicke, kann ich ein paar Dinge unterstreichen. Ich bin froh, dass die Kinder nun in der Schule sind, da Nachmittage doch intensiver mit diesen zu Nutzen sind, als ganze Ferientage – vor allem wenn noch kein Auto zur Verfügung stand. Ich bin froh, dass in Deutschland nur sechs Wochen Sommerferien sind, denn neun Wochen am Stück sind meines Erachtens zu lang, sodass die Kinder sich wirklich nach der Schule sehnen. Die neun Wochen sollten besser auf das Jahr aufgeteilt sein. Ich bin froh, dass mein Berufswunsch Lehrer zu werden, sich leichter mit einer eigenen Familie vereinbaren lässt, als der Beruf des Managers. Wie ich darauf komme, kann bei einem (halb-)leckeren (Export-)Guinnes in einer deutschen Kneipe in einigen Monaten ja mal thematisiert werden. In diesem Sinne, Prost!